Es klingelt an der Haustür. 12 Uhr Wohnungsabnahme. Tschüss schöne Wohnung mit Rheinblick. Tschüss Rückzugsort. Hallo Abenteuer. Meine Gefühlslage ist nicht zu beschreiben, da diese zwischen Erleichterung und Wehmut schwankt. Bevor es losging, dachte ich immer, dass dies auch der Moment sei, an dem ich überschwänglich reagiere.
Ich stellte mir vor, wie ich aufgeregt und freudestrahlend in mein neues Traumleben hüpfe. Das ewige packen wäre vorbei und wir würden mit „leichtem Gepäck“ losdüsen. Ich würde die Hupe am Auto betätigen und aus dem Fenster rufen: „Hallo Welt, hier bin ich“. Doch das tritt nicht ein.
Zweifel machen sich breit.
Gerade in diesem Moment der Schlüsselübergabe machen sich Zweifel breit. Zweifel die fast ausschließlich auf Angst vor der Zukunft basieren. Es tauchen wieder Fragen auf, die eigentlich beantwortet waren. Werde ich wieder eine schöne Wohnung beziehen können? Ist es richtig Bonn zu verlassen? Wie viele Freunde bleiben uns, wenn wir uns auf unbestimmte Zeit aus den Augen verlieren? Wäre es nicht doch besser in eine Kapitalanlage zu investieren? Sind wir nicht schon zu alt für diesen Quatsch?
Ich möchte kein eigenes Haus bauen, aber ich möchte auch im Alter nicht arm werden. Wo ist der Mittelweg? Ich möchte mich nicht von „Angst“ leiten lassen und dennoch ist die da und ich beschließe ihr Raum zu geben und mich nicht einschüchtern zu lassen. Dadurch erlange ich wieder etwas Klarheit.
Angst hinterfragen, statt sie zu verdrängen
Angst hat in meiner Welt Mitbestimmungsrecht, aber sie darf mein Leben nicht für sich einnehmen. Ich möchte gerne mehr die Gegenwart genießen, aus der Vergangenheit lernen und für die Zukunft an mir arbeiten. Aus Angst einen Weg zu bestreiten, der sicher erscheint, kann auch in einer Sackgasse enden. Ich möchte die Welt sehen, ich möchte viele Arten des „Lebens“ kennenlernen und ich möchte ein selbstbestimmtes Leben führen.
Meine Neugier soll mit meiner Angst Freundschaft schließen
Mein Leben soll bunt sein, und meine Neugier soll nie erlöschen. Ich will viele Geschichten erleben, einige Abenteuer meistern, mein Selbstwertgefühl stärken, die Menschen und die Welt ein wenig besser verstehen lernen, erkennen, wer ich wirklich bin.
Das sind alles Dinge, die mir zeigen, dass ich viel mehr „sein“ und weniger „haben“ möchte. Ein Hausbau passt nicht zu mir, das würde mich einengen und nicht glücklich machen. Eine Reise zu mir selbst vielleicht schon. Langsam weicht die Angst und lässt der Neugier Raum und so werden sich beide einig und ich merke, dass ich ehrlicher zu mir werden muss. Ungemütliche Gedanken, Gefühle und Eigenschaften sollten nicht verdrängt werden, man sollte lieber genauer hinhören.
Ich bin manchmal faul, mürrisch, zickig und viel zu oft plane ich Sachen viel zu weit im Voraus. Ich würde sehr gerne vieles auf einmal tun und tue mich schwer mit einer Sache zu beginnen. Oft grübel ich zu viel über Nonsens und gebe den wichtigen Dingen zu wenig Freiraum in meinem Alltag. Ich weiß, dass mir Sport guttut und dennoch kann ich auch einen ganzen Tag nichts tun und mich in eine schlechte Stimmung manövrieren.
Ich werde mich in der Zukunft weniger torpedieren, und mich in Disziplin üben. Die Zukunft nicht in zig Szenarien durchkauen, um auf alles vorbereitet zu sein. Ich kann die Zukunft nicht voraussehen, ich kann nur an mir arbeiten. Ich kann keine Abenteuer planen, ich kann mich aber darauf vorbereiten. Ciao schöne Wohnung, es ist Zeit für Neues.
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